Geschrieben von Hertener am 16.08.2014 um 11:30:
Ja, schön, der Herr Gast liest sich halt wie ein Gast-Beitrag.
Interessant, dass sich die traditionellen Medien immer wieder genötigt sehen auch über das Internet zu berichten. Zum Beispiel der Focus im Printmedium. Thema Trojaner! So gesehen gestern in der Bahn, bei der Frau die neben mir saß und in eben diesem Medium herum blätterte. Wenn ich Focus oder Süddeutsche wäre würde ich sagen: Hab ich keine Ahnung von - guck mal bei c't etc.
Aber nein, jeder muss seinen Senf dazu tun. Das ist ungefähr genauso schlimm, wie irgendwelche bezahlten Produktbewertungen, denn auch der Autor bekommt Geld vom Verlag, und der holt sich das natürlich von der Leserschaft zurück. Der Dumme ist, wie immer, der Verbraucher.
Und eben darum geht es mir auch, wenn ich immer wieder eine höhere Medienkompetenz einfordere. Dass man nicht alles glauben darf, was geschrieben wird, sollte doch jedem klar sein. Dass man aber auch immer hinterfragen sollte, warum etwas geschrieben wurde, scheint dagegen eher in den Hintergrund zu treten. Wie heißt es so schön in der Welt der Nachrichten: Bad news are good news!
Da berichtet man natürlich nicht darüber, dass die Bewertungssysteme dem Käufer eine größere Objektivität vermitteln, unboxing-Videos auf Youtube einen Einblick in Inhalt und Verpackung gewähren (selbst wenn diese von bezahlten Autoren kommen) und Reviews bei einschlägigen Onlinemedien erste Erfahrungs- und Vergleichswerte vermitteln.
Statt dessen pauschalisiert man lieber - "Netz der Lügner" . Ehrlicher wäre es gewesen, wenn man geschrieben hätte: "Onlinebewertungen von bezahlten Autoren infiltriert". Aber das ist ja ohnehin seit langem im Netz bekannt. Eventuell kann man mit solchen reißerischen Schlagzeilen notorische Netzverweigerer als Leser gewinnen, die sich dadurch in ihrer Grundhaltung bestätigt fühlen - böses Internet!
Und natürlich wird in den Massenmedien nicht dazu aufgerufen sich aktiv im Internet zu beteiligen. Da wird NICHT vom Mittmachnetz gesprochen. Von den Möglichkeiten, eigene Inhalte online zustellen, über eigene Webseiten. Von den Möglichkeiten, sich in Foren intensiv mit Mitmenschen über gegensätzliche Darstellungen auszutauschen. Von den Möglichkeiten, sich bei Online-Shops, -Auktionshäusern und -Händlern einen Überblick über das Angebot zu verschaffen, Bewertungen der Händler und der Produkte zu recherchieren und Preise zu vergleichen.
Denn: Je mehr Menschen ihre passive, medienkonsumierende Rolle verlassen, umso mehr büßen die traditionellen Medien Publikum ein. Also versucht man sie "bei der Stange" zuhalten. Da bietet man abschließend, oder, wie bei der Süddeutschen, beiläufig, einen "Gefällt mir"-, "1+"-, "Twitter"- und "Artikel empfehlen"-Button an.
Und damit wird ONU wieder dahin entlassen, wo er eigentlich herkommt: In sein soziales Netzwerk. Dort darf er dann davon berichten, was er draußen, in den Weiten des Internets für tolle Entdeckungen gemacht hat und dass es da draußen ansonsten ziemlich böse-böse ist. Als Dankeschön wird das Online-Medium geaddet, und landet zusammen mit dem Süßwarenproduzenten, dem Limohersteller, dem Automobilbauer und dem Lebensmitteldiscounter des Herzens in einem Profil.
So hat die gesamte Werbewelt ihre Zöglinge schön unter Kontrolle und kann sie mit den Informationen versorgen, die sie wirklich benötigen. Dazu noch etwas virales Marketing und mit etwas Glück läßt sich sogar ein Hype generieren, auch wenn dieser nur local begrenzt ist und die eigenen Follower betrifft.
Ich gebe zu, das ist etwas überzogen gezeichnet, aber im Prinzip funktioniert das Spiel so. Mal als kleines Beispiel dafür, wie netzfern ein Onlinebeitrag sein kann, möchte ich hier mal eine Umfrage vom WDR verlinken:
http://www1.wdr.de/themen/panorama/einkaufen-voting100.html
Es geht dabei hintergründig um die Eröffnung des neuen Outlet-Centers in Bad Münstereifel, der komplett in die Altstadt integriert ist.
Da wird unter dem Punkt "Ich kaufe mittlerweile fast alles online." suggeriert: "Das ist nicht so hektisch und viel billiger.".
Aber das stimmt so nicht. Es ist aufwendig aus den vielen Produkten das passende für sich raus zu suchen. Das kostet viel Zeit und man vergleicht nicht nur die beworbenen Produkteigenschaften, sondern informiert sich auch über Erfahrungen anderer Käufer. Und billiger ist es auch nicht immer. Ich stoße bei Amazon immer wieder auf Artikel, die ich woanders günstiger bekomme, und wenn es im Baumarkt um die Ecke ist.
Doch es gibt andere Gründe für den Online-Einkaufsbummel: Ich kann im Schlafanzug shoppen und dabei in Ruhe meinen Kaffee trinken und zwischendurch auf die eigene Toilette gehen. Und ich spare mir die Fahrt und die überhöhten Preise der umliegenden Gastronomiebetriebe. Aber solche Argumente sind natürlich bei einem ÖR wie dem WDR tabu, wenn es hintergründig um das neue Outlet-Center geht. Da muss man dann natürlich raus, in die schöne Altstadt um dort in tollem Ambiente einen Kaffee und ein Stück Kuchen genießen zu können. Und vielleicht findet man auch noch ein paar chice Schnäppchen, die in den ohnehin überfüllten Kleiderschrank passen.
thx 4 reading