Die Reservierung generischer Umlaut-Domains wie "E-Mail" oder "Elektronik" zum Zwecke des späteren Verkaufs stellt kein sittenwidriges Domain-Grabbing dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Leipzig hervor, das die Fachzeitschrift Multimedia und Recht (MMR) in ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlich hat (MMR 2/2006, S. 113; Az. 05 O 2142/05). Ein derartiger Grund zur Buchung von Webadressen sei laut Gericht „eine im Grundsatz anerkannte geschäftliche Betätigung“. Das Urteil aus Leipzig ist bereits der zweite Richterspruch in Sachen Umlaut-Domains.
Klageauslöser war der Streit um die Adresse kettenzüge.de, die sich der spätere Beklagte Mitte Mai 2005 reserviert hatte und anschließend dem Inhaber von kettenzuege.de, einem auf dem Gebiet der Unterhaltungstechnik tätigem Unternehmen, zum Kauf angeboten hatte. Statt das Angebot anzunehmen, schickte das Unternehmen eine anwaltliche Abmahnung und verlangte eine Verzichtserklärung gegenüber der Vergabestelle Denic. Nachdem nichts passierte, erhob das Unternehmen erfolglos Klage.
Das Landgericht kam zwar zu dem Ergebnis, dass Domain-Grabbing unter gewissen Umständen eine nach Paragraf 4 Nr. 10 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) verbotene Behinderung von Mitbewerbern sein kann. Erforderlich sei aber eine systematische Blockade in der Weise, dass dem Konkurrenten die Möglichkeit zur Reservierung eines beschreibenden Begriffs als Domain zur gleichen Thematik entzogen wird.
Daran mangelte es im entschiedenen Fall, da der Kläger bereits Inhaber von kettenzuege.de war und somit "nicht dringend auf die vom Beklagten registrierte Domain angewiesen wäre". Ferner könne von einer Behinderung nur dann gesprochen werden, wenn die Reservierung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Absatzchancen auf Seiten des Mitbewerbers führe. Soweit jedoch die Präsentation unter einer griffigen Adresse mit anderen Top-Level-Domains (TLD) möglich ist, fehle es an möglichen Absatzeinbußen. Auch dem Argument des Klägers, aufgrund des gemachten Kaufangebotes liege ein sittenwidriges Domain-Grabbing vor, erteilte das Landgericht eine Absage. Begründung: Daraus könne keine Unlauterkeit im Sinne des Wettbewerbsrecht gefolgert werden, "zumal die Registrierung von Domains, um sie später an Interessenten zu veräußern, eine im Grundsatz anerkannte geschäftliche Betätigung ist", so das Gericht wörtlich.
Mit der Reservierung beschreibender Umlaut-Domains und der Rechtmäßigkeit nach dem Wettbewerbsrecht musste sich im November vergangenen Jahres auch das Oberlandesgericht (OLG) Köln befassen. Im dort entschiedenen Fall stritten zwei Hersteller von Schlüsselbändern um die Webadresse schlüsselbänder.de. Die rheinischen Robenträger hielten die Reservierung für zulässig. Ebenso wie die Kollegen aus Leipzig verwies das OLG den Mitbewerber auf die Option, sich mit dem gleichen Begriff unter einer anderen TLD zu präsentieren. (Noogie C. Kaufmann) / (jo/c't)
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